Von der Ostroute habe ich mir nicht allzu viel versprochen, da ich die meisten Ziele auf früheren Reisen schon gesehen hatte. Einzige Ausnahme war Rumänien, wo ich vor über vierzig Jahren das letzte Mal gewesen bin, und darauf war ich schon sehr gespannt.
Am Sonntag, 19. Juli 2020 bin ich von Tallinn aus gestartet. Erstes Ziel war Tartu (EST). Die Stadt beherbergt die älteste Universität Estlands, welche 1632 unter König Gustav II. Adolf gegründet wurde. Tartu ist eine typische Studentenstadt, die sogar 133 Jahre älter als die Bergakademie Freiberg ist. Davon zeugen die vielen Pubs, Skulpturen (u.a. “The Kissing Students” vor dem Rathaus) und das Museum der Universität im Dom zu Tartu.
Nach einem Übernachtungsstopp in Alūksne (deutsch: Marienburg) (LV) am „Neuen Schloss“ und in Cesvaine (deutsch: Seßwegen) (LV) am Schloss Cesvaine erreichte ich Vilnius (LT). Ich fand einen Parkplatz direkt an der Kathedrale St. Stanislaus. Von hier aus machte ich mich auf in die Altstadt, die wirklich sehr schön ist. Vergleicht man die Hauptstädte der baltischen Staaten, muss man sagen, Tallinn und Vilnius sind eine Reise wert, da kommt Riga nicht mit.
Die Grenze zu Polen passierte ich in der Nähe von Augustów (PL). Die Stadt ist ein anerkannter Kurort und bekannt für Wassersportmöglichkeiten. Sie erhielt 1557 das Stadtrecht nach dem Magdeburger Recht. Ich dachte, wenn das so ist, kann ich ja gleich hier zum Friseur gehen, da kann ja nichts schief gehen.
Nicht weit entfernt liegt Białystok (PL). Die Stadt bildet das Zentrum einer weißrussischen Minderheit, was auch an den Kirchen zu erkennen ist. Hier besuchte ich die Kirche des Heiligen Geistes Białystok. Dieses monumentale Gebäude ist Polens größte orthodoxe Kirche.
Noch einen Stopp machte ich in Lublin (PL) am Schloss Lublin, dem Lubliner Dom und der kleinen Altstadt mit der Skulptur eines Seiltänzers über der Straße, bevor ich Charsznica (PL) erreichte. Hier liegt unsere Gießerei, wo ich ein Meeting bezüglich der Baumaßnamen bei der Kapazitätserweiterung unserer Firma hatte. Das war auch ein günstiger Zeitpunkt, einen „Waschtag“ einzulegen, was ja auch einmal sein muss. Abends fuhr ich noch nach Krakau (PL) und habe ein paar Fotos von der Bildergalerie in der Altstadt und dem Barbakan, dem befestigten Tor aus dem 15. Jh. gemacht.
Nun ging es Schlag auf Schlag: zunächst Ostrava (CZ) mit seiner Kathedrale, dann Žilina (CZ) mit dem Schloss Budatín und dann Prešov (SK) mit dem Calvary Complex (Kapelle).
Das nächste Ziel war Eger (HU). Hier war ich wirklich überrascht, denn die Stadt hat neben einer schönen Altstadt auch sonst viel an Sehenswürdigkeiten zu bieten. Dazu zählen die Burg Eger, die Kathedrale von Eger, die Kethuda-Moschee und der lebendige Dobó István Platz.
Endlich ging es nach Rumänien, worauf ich so gespannt war. Die Route ganz im Norden folgte dem Grenzfluss zur Ukraine, den ich beim Fahren immer beobachten konnte bis zum kleinen Ort Săpânța (RO). Hier liegt er, der „Fröhliche Friedhof“, den ich aus einer Sendung im Fernsehen kannte. Die Bewohner schmücken ihre Familiengräber mit geschnitzten Kreuzen, auf denen die Lebensgeschichte der Verstorbenen in bunten Bildern nacherzählt wird. Der Schnitzer ist eine Art Dorfchronist, er kennt jeden Einwohner und auch die jeweiligen Lebensumstände. Niemand weiß, was er im Falle eines Todes auf das Kreuz schreiben wird, und nicht alle kommen dabei gut weg.
Der Weg in den Süden des Landes führte mich über Landstraßen, bei denen ich feststellen konnte, dass alte Traditionen noch immer lebendig sind. Nicht selten trifft man Pferdegespanne oder Eselskarren an und es kann schon mal sein, dass Pferde und Kühe auf der Straße laufen. Ich habe auch erlebt, wie ein Schäfer seine Schafe aus einem Ziehbrunnen tränkt, und überall bieten Bauern ihre Produkte am Straßenrand an.
Was wäre Rumänien ohne Graf Dracula. So bin ich nach Sighișoara (deutsch Schäßburg) (RO) gefahren. In dem alten, von einer Stadtmauer umgeben Ort mit Burgtor & Uhrturm aus dem 14. Jh. liegt auch das Geburtshaus von Vlad Dracula. Ich dachte, wenn schon, dann richtig, also bin ich am nächsten Tag nach Bran (RO) gefahren, um das Draculaschloss Bran zu besuchen, obgleich niemals ganz geklärt wurde, ob er jemals da war.
Das nächste Ziel war Sinaia (RO). Hier besuchte ich das Schloss Peleș, die Sommerresidenz für König Carol I. von Rumänien. Auch das ist eine Reise wert. Weiter südlich musste ich die Donau mit einer Fähre überqueren, um nach Konstanza (RO) am Schwarzen Meer zu gelangen. Trotz des klangvollen Namens hat die Stadt nicht wirklich viel zu bieten. So besuchte ich lediglich die Carol-I.-Moschee und den „Modern“ Beach, bevor ich nach Burgas (BG) weitergefahren bin. Hier besuchte ich noch einmal das Sandfiguren-Festival, bei dem Künstler aus der ganzen Welt Figuren nur aus Sand herstellen.
Das war das letzte Ziel auf der Ostroute. Insgesamt bin ich 3.914 km gefahren und habe 9 Länder besucht oder zumindest gestreift (EST, LV, LT, PL, CZ, SK, HU, RO, BG). Und ja, eine Fährfahrt war auch dabei.